Georgien 2023: Fahrt von Kutaissi nach Mestia

Früh am Morgen – um viertel vor acht – ging es heute in einem Minibus in Kutaissi los. Nach sechs Stunden Fahrt erreichten wir den Ort Mestia in Swanetien, der den Ausgangspunkt unserer viertägigen Wanderung darstellt.

Ursprünglich wollten wir in einem sog. marschrutka, einer Art öffentlichem Überland-Minibus ohne richtigen Fahrplan nach Mestia fahren. Dann hätten wir aber auch noch früh morgens mit unserem Gepäck zum Busbahnhof kommen müssen und den richtigen Bus identifizieren müssen – und der fährt wohl los, wenn er voll ist, zur Not auch vor der eigentlichen Abfahrtszeit. Glücklicherweise fanden wir aber gestern noch einen privaten Anbieter, der shared tours nach Mestia anbietet, und konnten gestern unsere Fahrt per WhatsApp buchen.

Überpünktlich – zum Glück waren wir in deutscher Manier auch früher abfahrtbereit – wurden wir von einem älteren Herrn in einem Mercedes Vito abgeholt. Danach sammelten wir noch eine kleine Reisetruppe, bestehend aus einer russischen Reiseführerin und drei Frauen, ein, und machten uns auf dem Weg. Beim ersten Zwischenstopp fiel die äußerst saubere Tankstellen-Toilette positiv auf – warum nicht auch so in Deutschland?

Unser Fahrer ließ sich nicht von den frei herumlaufenden Kühen, Schweinen und Pferden beirren – bzw. sie nicht von ihm. Einen weiteren Zwischenstopp legten wir am (angeblich) siebtgrößten Staudamm der Welt, dem Enguri Damm ein. Für zu zweit acht Lari (umgerechnet etwa 2,70€) konnten wir von einer Aussichtsplattform aus den Staudamm und vor allem den Blick ins Tal genießen.

Danach wurde die Fahrt wilder. Die Straße war zwar weitestgehend asphaltiert, aber es ging auf und ab und war dazu sehr kurvenreich. Interessanterweise waren viele Bienenstöcke und Honig-Verkaufsstände am Straßenrand zu sehen. Irgendwann erblickten wir die ersten schneebedeckten Berge. Unterwegs verpflegten wir uns u.a. mit churchkela. Das sind aneinandergereihte Walnüsse, die von einem Traubensaft-Karamell überzogen sind. Sehr lecker! Um etwa 14 Uhr erreichten wir dann den Ort Mestia und gingen erstmal zu unserer Unterkunft, einem Guesthouse mit eigenem Wehrturm.

Churchkela

In Swanetien gibt es sehr viele dieser steinernen Wehrtürme, den sog. koshkebi. Laut unserem Gastgeber ist der in seinem Hinterhof über 800 Jahre alt. Wenn feindliche Truppen kamen, konnte sich die Familie über mehrere Wochen in dem Turm verschanzen. Andere Türme in strategisch günstiger Lage dienten wohl als Warnsignal. Mit Feuern konnte auf die Feinde aufmerksam gemacht werden.

Von der reichen Geschichte dieser Region konnten wir uns auch im Swanetischen Museum für Geschichte und Ethnografie überzeugen. Dort gab es viele archäologische Funde zu bewundern, u. a. mehrere Gegenstände aus dem 6. Jahrhundert vor Christus, Münzen aus Westeuropa, Russland und Zentralasien, die beweisen, dass Swanetien schon immer außerordentlich gut vernetzt war (wenn auch schwer zu erreichen), und eine Sammlung von Ikonen. Georgien ist vom orthodoxen Christentum geprägt und das merkt man auch an den vielen Kirchen und Kreuzen überall. Außerdem gab es eine Fotoausstellung mit Fotos aus dem späten 19. Jahrhundert, die der Italiener Sella gemacht hat, der eine 40kg schwere Kamerausrüstung zu diesem Zwecke hierher schaffen musste!

Frisches Brot gab es auch noch, das in einem Tonofen gebacken wurde und herrlich duftete. Damit steht der Brotzeit morgen nichts im Wege ;). Wieder am Guesthouse angekommen, befragten wir noch unseren Gastgeber David zu unserer Wanderung und bekamen dabei Tee und (reichlich!) Gebäck serviert. Die viel beschworene Gastfreundschaft Georgiens lässt grüßen. Eben haben wir unsere sieben Sachen gepackt und um acht Uhr, in einer halben Stunde, wird in unserer Unterkunft ein georgisches Mahl serviert. Ich bin sehr gespannt und freue mich auf den morgigen Tag! Dann geht es auf zur ersten Wanderetappe nach Zhabeshi.

Unsere sieben Sachen für den Trek

3 Kommentare zu „Georgien 2023: Fahrt von Kutaissi nach Mestia

  1. Für den Trek sind es aber bedeutend mehr als „sieben Sachen“. Mir als Geograph würde auf jeden Fall eine topographische und eine geologische Karte fehlen.- Den autonomen Kaukasusrepubliken der Russischen Föderation seid Ihr ja ziemlich nah! Habt Ihr etwas erfahren über die Grenze zwischen Asien und Europa? Die ist strittig!

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    1. Die topografische Karte hat der moderne Wanderer in Form des Satellitentelefons dabei, das gleichzeitig eine GPS Ortung ermöglicht, und die GPX Tracks inkl. Abstechern zu den schönsten Aussichtspunkten konnte ich auf der Internetseite des Conrad Stein Verlags runterladen, nachdem wir ganz analog einen Reisewanderer für Swanetien gekauft haben ;).

      Ja, das stimmt, wenn man sich eine ethnografische Karte des Kaukasus‘ anschaut, sieht man, wie viele unterschiedliche Ethnien hier angesiedelt haben… sehr spannende und bewegte Geschichte. Mit Blick auf einen majestätischen Gipfel mache ich mich jetzt im Garten in unserer heutigen Herberge ans Schreiben des nächsten Blogbeitrags…

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