Japan 2024: Kyoto Teil 1 (Kyotos Osten)

Nach unserem Abstecher ins verschlafene Koya-san stürzen wir uns in den nächsten Tagen in den Touristen-Trubel von Kyoto. Gestern erkundeten wir den Nishiki-Markt, sahen gehetzte Geishas in Gion und bewunderten mit den Massen den hübsch beleuchteten Yasaka-Schrein. Heute machten wir Power-Sightseeing im Osten der Stadt: Über 30.000 Schritte legten wir zwischen Tempeln und Schreinen zurück und befanden uns an den Berghängen der Stadt abseits der üblichen Pfade.

Ein Nachmittag am Nishiki-Markt und in Gion / Pontocho

Bei der Ankunft in Kyoto gestern am frühen Nachmittag funktionierte die Suicakarte auch hier reibungslos – ich finde dieses System echt genial! Japan ist in mancher Hinsicht noch komplexer als Deutschland, aber einige Dinge funktionieren hier echt reibungslos, und Bahnfahren gehört dazu.

Erste Überraschung, als wir die U-Bahn-Station verließen: Wir sahen Grundschulkinder, die alleine und zu Fuß den Schulweg an einer sechsspurigen Straße zurücklegten. Sie tobten dabei auch ein bisschen rum, aber die älteren Leute lachten darüber nur nachsichtig. Kinder scheinen hier einen anderen Stellenwert zu haben als in Deutschland bzw. man gibt vielleicht mehr aufeinander Acht in der japanischen Gesellschaft – dazu muss ich mal Lennarts Kollegen befragen, den wir in Tokyo treffen werden.

Nachdem wir unsere Sachen am Hotel abgelegt hatten (unsere Koffer waren schon auf unserem Zimmer, Gepäckversand sei Dank), gingen wir zu Fuß zum nahegelegenen Nishiki-Markt. Erster Eindruck: Heller und geordneter als der Markt in Osaka, aber irgendwie auch polierter und nicht ganz so authentisch (hübsch gemacht für die Touristen). Aber es gab Leckeres zu Futtern (auch wenn Kyoto Osaka in punkto Streetfood nicht die Fahnenstange hält).

Von dort aus ist es nicht weit zum Pontocho- und Gion-Viertel am Ufer des Kamo-gawa-Flusses, dem Ort, an dem man Geishas (die man in Kyoto übrigens Geikos nennt) sehen kann und an dem es neben teuren Restaurants auch viele Teehäuser und Bars gibt. Das Ganze hat uns ehrlich gesagt nicht völlig vom Hocker gehauen, aber die Stimmung bei der einsetzenden Dämmerung, als die Lichter angingen, war reizvoll. Einige Geishas sichteten wir auch, aber diese schienen in großer Eile zu sein und rannten förmlich auf ihren Holzsandalen die engen Gassen rauf und runter.

In einer Seitenstraße ab vom großen Trubel fanden wir in einem Minirestaurant mit nur sechs Plätzen, in dem der Koch für alles zuständig ist, eine leckere Ramensuppe (meine war mit Hering, das hat wirklich gut gepasst). Zum Abschluss des Tages gönnten wir uns noch den Trubel am Yasaka-Schrein, der abends schön beleuchtet wird, und gingen zurück ins Hotel. Am nächsten Tag stand ein hartes Sightseeing-Programm vor uns.

Fushimi Inari Taisha Schrein: 1.000 rote Torii und steinerne Füchse

Heute Morgen ging es für uns pünktlich um sieben Uhr aus dem Bett – denn der Tipp aus dem Reiseführer lautete: Zu den Top-Attraktionen in Kyoto sollte man früh kommen – ich fand ehrlich gesagt, gegen kurz nach neun ist eher früh, dennoch war es schon proppenvoll am berühmten Fushimi Inari Taisha Schrein, der im Südosten der Innenstadt liegt. Am Anfang mehr ein Geschiebe und Gedränge, mit den Höhenmetern wurde es leerer in dem Tunnel zwischen den roten Torii (das sind die roten Tore aus Holz oder Stein, die man vor / bei Schreinen sieht).

Der Fushimi Inari Taisha Schrein wurde im achten Jahrhundert dem Gott des Reises und des Sake gewidmet, hat also etwas mit dem Thema Landwirtschaft zu tun, und besteht eigentlich aus fünf Schreinen, die sich am Berg hochschlängeln. Da der Fuchs als Botschafter des Gottes Inari (der Gott der Landwirtschaft) gilt, finden sich überall Fuchsstatuen. Füchse werden von Japanern als geheimnisvolle, neckische Wesen wahrgenommen – eben ein bisschen wie Gottheiten. Die Statuen haben häufig einen Gegenstand in der Schnauze, z.B. einen Schlüssel, und rote Lätzchen als Zeichen des Respekts umgebunden.

Wir nahmen uns auf jeden Fall rund drei Stunden Zeit, um die Anlage auf uns wirken zu lassen und dem kompletten Rundkurs über den Gipfel des Berges zu absolvieren. Dort, wo es leerer wurde, konnte man eine schöne, einmalige Atmosphäre genießen.

Urban Hike zwischen Tempeln und Schreinen in Higashiyama

Unser Versuch, am Nachmittag den Massen zu entgehen: eine kleine Wanderung, die hinter dem Kyomizu-dera-Tempel losging, den wir übrigens gar nicht richtig begutachteten, die Menschenmassen waren einfach zu abschreckend. Und ich muss zugeben, in einer Stadt wie Kyoto mit ca. 3.000 Tempeln und 1.000 Schreinen ist man schnell übersättigt. Bezogen auf die Einwohnerzahl ist das so, als ob es in Quickborn 64 Kirchen / Kapellen gäbe.

Den Blick auf die Pagode mit den dahinterliegenden Berge und die vielen Menschen in Kimonos (kann man sich hier leihen und zurechtmachen lassen für Fotos) ließen wir schnell links (bzw. rechts) liegen und es ging alsbald einen ausgewaschenen Bergpfad hoch, umgeben von dichtem Wald, der Schatten spendete (heute hatten wir wieder sonnige 25 bis 30 Grad). Wie sich herausstellte, waren wir auf dem Kyoto Trail unterwegs, einem Wegenetz um die Stadt herum. Schnell verschwommen auch die Geräusche der Stadt zu einem Rauschen, bis wir schließlich nur noch das Trillern und Zwitschern verschiedener Vögel und der Zikaden hörten.

Unsere Wildlife Begegnungen beschränkten sich auf eine Schlange (eine ungefährliche Natter, die sich in der Sonne aalte) und Warnungen vor Affen und Wildschweinen. Letzteren sind wir zum Glück nicht begegnet. Auf dem gesamten Weg kamen uns etwa zehn Leute entgegen, davon fünf Trailrunner (die Japaner sind echt Hardcore und tragen auch beim Sport bei plus 20 Grad Langarmige-UV-Schutz und z.T. sogar eine Gesichtsbedeckung).

Nach etwa vier Kilometern waren wir wieder endgültig in der Zivilisation angekommen: In Nord-Higashiyama gibt es wirklich schöne Nebenstraßen mit tollen, meist zweistöckigen Wohnhäusern. Hier merkt man nichts davon, dass man sich eigentlich in einer Großstadt befindet. Auf Höhe der Keage-Station ging es weiter in Richtung Nanzen-ji Tempel (vorbei an unzähligen anderen Tempeln und Schreinen, die wir links und rechts des Weges sahen und bewunderten). SchülerInnen in Uniform kamen uns entgegen – es scheint, als hätten die am Samstag nicht frei…

Auf dem populären Philosophenpfad entlang des eines Kanals spazierten – na ja, eher marschierten – wir zum Ginkaku-ji Tempel, unserem letzten Tagesordnungspunkt. Wir waren eine Stunde vor der Schließzeit da, dadurch war es etwas ruhiger und nicht ganz so voll. Der prächtige Zen Garten des „Tempels des Silbernen Pavillons“ war unser Highlight des Tages: Japanische Gartenkunst at its best. Da Bilder mehr sagen als tausend Worte und ich schon viele Worte gesagt habe, hier eine kleine Auswahl unserer Eindrücke:

Zum Sonnenuntergang war das Sightseeing für heute beendet (haben unsere Füße auch gesagt) und wir aßen noch sehr lecker in einem japanischen Restaurant, das Okinawa-Küche anbietet (Okinawa ist eine 1.000 km von der Hauptinsel entfernte Inselgruppe im Pazifik).

Food of the Day(s)

Morgen geht es für uns nach Nara, das liegt nur 36 Kilometer entfernt von Kyoto. Dort erwartet uns u.a. ein sehr großer Buddha und freilaufende Hirsche (drei Mal dürft ihr raten, worauf Lennart sich am meisten freut :P). Übrigens sind die kunstvollen Fotos von ihm geschossen, ich halte nur mit dem Handy drauf wie der Touri, der ich bin ;).

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