Mestia – Ushguli: Etappe 4

Leider ist schon der letzte Tag unserer Wanderung gekommen: wie immer auf einer solchen Reise erlebt man die Zeit einerseits sehr bewusst und intensiv, im Rückblick aber scheint sie gleichzeitig sehr schnell zu vergehen. Die letzte Etappe war eine Halbtageswanderung zum Ziel dieses Treks, Ushguli, dem höchstgelegenen dauerhaft bewohnten Dorf Europas.

Der Morgen fing kalt, aber klar an. Ich glaube, ich wurde durch das Muhen einer Kuh geweckt – die laufen hier ja überall herum, scheinen mir aber auch glücklicher zu sein als die Kühe in Deutschland. Vor dem Frühstück schauten wir noch bei den Zwerghühnern unserer Gastgeber vorbei. Eine junge Katze unterhielt uns mit ihren Spielereien im Vorhang.

Gut gestärkt – wenngleich auch ohne Reste vom Frühstück, im Gegensatz zu den anderen Gästehäusern war die Auswahl lecker, aber abgezählt (wie auch die Engländer am Tisch anmerkten) – ging es um kurz nach neun zusammen mit vielen anderen Wanderern los. Zum ersten Mal auf diesem Trek fühlte es sich ein bisschen “crowded” an – einige Gruppen ließen wir überholen, um sie dann einen Aufstieg später wieder einzuholen.

Zunächst führte der Wanderweg bis an die Hauptstraße heran, die dem Enguri bis nach Ushguli folgt. Zum Glück verließen wir diese bald wieder und liefen hoch zu einem Berghang, der weit oberhalb der Straße liegt. Über Wiesen und durch Wälder schlängelte sich unser Pfad den Hang entlang, bis es ca. drei Kilometer vor unserem Ziel wieder zurück an die Straße ging, der wir bis Ushguli folgten. Hier ist die Straße noch nicht asphaltiert, sodass wir stellenweise schneller als die vorbeifahrenden Autos unterwegs waren.

Bald erhoben sich vor uns die Wehrtürme des ersten Ortsteils von Ushguli und auch die Burgruine oberhalb des Dorfs. Um viertel nach eins erreichten wir das “Stadtzentrum” (sofern man die Brücke über den Enguri so bezeichnen mag) und genossen den herrlichen Blick von einer Anhöhe auf den Ort und das dahinter liegende Bergmassiv, das zum Gipfel Shkhara gehört, dem mit 5.203m höchsten Berg Georgiens.

Dann organisierten wir für die Rückfahrt nach Mestia einen Platz im Sammeltaxi. Die Fahrt war auf den ersten zehn Kilometern sehr holprig, danach begann der betonierte Teil der Straße. Der Fahrer schien sein Terrain aber zu kennen und lenkte souverän um Kühe und Schlaglöcher herum. Es war interessant, das Gebirge und die Täler aus einer anderen Perspektive zu sehen und wieder einmal zu realisieren, dass unsere Füße uns an Orte tragen können, die ein Auto niemals erreichen wird.

Nachdem wir unser Gepäck im Guesthouse wieder in Empfang genommen hatten, ging es erstmal unter die Dusche. Danach schlenderten wir noch ein bisschen durch den Ort, kauften ein bisschen Proviant für die lange Fahrt nach Tiflis morgen ein und aßen in einem Restaurant am Seti-Platz mit Blick auf die Berge zu Abend.

Jetzt liege ich voller Eindrücke der vergangenen vier Tage im Bett, während draußen noch das Leben tobt (irgendwo in der Nähe scheint es eine Art Disko gegeben, hier singen gerade viele “Macarena” mit. Es war so schön in Swanetien, dass ich glatt noch hätte länger bleiben können – aber ich bin auch gespannt auf den zweiten Teil unserer Reise. Der Auftakt war großartig und ich habe erst jetzt realisiert, wie sehr ich es in den vergangenen zwei Jahren vermisst habe, mit einem Rucksack auf dem Rücken mehrere Tage in der Natur unterwegs zu sein. Der Kaukasus ist wirklich wunderschön und sehr empfehlenswert, vor allem aufgrund der Gastfreundschaft seiner BewohnerInnen und der guten Infrastruktur der Guest Houses in den Bergdörfern!-

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