Radtour vom Priwall nach Kaunas – Etappe 4: Świnoujście (Swinemünde) – Kołobrzeg (Kolberg)

109,7 km | Fahrzeit 5h 20 min | Abwechslungsreiche Tour in Küstennähe, die zwischen Graveln und Rennradfahren alterniert hat

Tagesroute

Die vergangenen 330 Radkilometer sitzen uns zwar so langsam in den Knochen, aber das leckere Frühstück und die Routine, die sich so langsam einstellt, haben uns heute Morgen dabei geholfen, um kurz nach neun Richtung Swine-Fähre zu starten. Diese Fähre ist für alle Fußgänger und Radfahrer sowie Autofahrer, die aus Swinemünde kommen, kostenlos nutzbar. Auf der anderen Seite beeindruckte uns zunächst der niegelnagelneue Fahrradweg, ehe es in den Wald ging. Da waren wir zwar zunächst langsamer als über dem Kopfsteinpflaster gestern, aber es machte auch mehr Spaß. Beim Nationalpark Wolin haben wir die Scenic Street genommen, auf der wir hoch sehr langsam und runter sehr schnell unterwegs waren, um uns Mücken und Zecken (die treiben hier in Polen ihr Unwesen) zu sparen. Dadurch haben wir den Blick auf das von Opi angepriesene Wisent-Gehege verpasst, aber Tierchen können wir ja auch im Wildpark Schwarze Berge zuhause gucken ;). Ab dem Badeort Międzywodzie hatten wir wieder grandiose Radwege auf dem offiziellen Euro Velo 10. Beim Fluss Dziwna mussten wir noch kurz auf die Hebebrücke warten, ehe wir weiterfahren konnten. Bis Niechorze waren wir flott unterwegs, dann mussten wir uns wieder einer Schotterpiste durch den Wald geschlagen geben, über die wir dieses Mal allerdings etwas mehr Tempo gegeben habe. Bei Mrzezyno sind wir wieder endgültig auf gut ausgebaute Radwege gekommen. Die letzte Stunde Radfahren war hart, aber dank des guten Untegrunds ging es effizient voran. Am Wegesrand sind uns die zahlreichen, z. T. gigantischen Neubauten aufgefallen – offenbar kann man in Pommern gut investieren. Auch das Ziel unserer heutigen Etappe, Kołobrzeg (Kolberg), wartet mit vielen neuen Gebäuden und einer guten Radinfrastruktur auf. Die Stadt selber ist voller Touristen, vor allem Rentner, die hier offiziell eine Kur machen, aber inoffiziell zur polnischen Version von „Ein Stern“ (der deinen Namen trägt) beim Tanztee rumhampeln. Da sind wir in der Hotellobby schon ein bisschen aufgefallen ;). Wir sind gespannt, was der morgige Tag bringt!

Impressionen vom Wegesrand

Highlights

  • Nachträgliches Highlight von gestern: Baden bei Sonnenuntergang in Świnoujście.
  • Das reichhaltige Frühstück im Hotel mit leckeren Salaten und süßen Köstlichkeiten wie Pfannkuchen und Waffeln, das uns ideal gestärkt hat (Villa Anna Lisa).
  • Dass die Fähre über die Swine für uns umsonst war.
  • Die überwiegend extrem gut ausgebauten Radwege (was passiert eigentlich mit deutschen EU-Geldern, abgesehen von Pfahlbauten-Toiletten in Sankt-Peter Ording ;)?).
  • Die wilde Fahrt durch den Nationalpark Wolin (an den Wisents sind wir aber nicht vorbeigekommen, da wir die Hinterteil-freundliche Variante über die Straße genommen haben)
  • Die sehr disziplinierten polnischen Autofahrer, die sehr rücksichtsvoll überholt haben.
  • Die beiden Omis, von denen ich in einer Eispause ein Foto gemacht habe und die mir das polnische Wort für Danke (“Dziękuję”) beigebracht haben.
  • Die Dusche in Kołobrzeg.
  • Die Sonne – unser Wetterglück hält weiter an!
  • Lecker alkoholfreies Bier (auf Kokosnusswasser-Basis) im Maltgarden in Kołobrzeg

Lowlights

  • Ein paar Mückenstiche.
  • Am Ende war das Graveln mit Gepäck ein bisschen anstrengend. Aber irgendwie auch schön, weil Wald :).
  • Als ein Opi vor der Hotellobby mich und die Fahrräder angeschaut hat, als wären wir Aliens…

Wusstest du schon, dass…

Ein Gastbeitrag von Werner H., Geschichtslehrer a.D. aus Quickborn

… Pommern, das Land „am Meer (po morje)“, ursprünglich von der Oder bis zur Weichsel reichte? Es wurde vom slawischen Stamm der Pomeranen bewohnt. Im Hochmittelalter haben die Polen von Osten her versucht, Herrschaft in Pommern auszuüben. Erfolgreicher waren dabei für einige Jahrhunderte die Deutschen, die aus dem Westen kamen und Pommern bis 1945 beherrschten. Wenn Ihr in die Hafenstadt Kolberg hineinfahrt, müsst Ihr Euch mal klarmachen, dass die Stadt im März 1945 nach dreiwöchiger Belagerung durch die Rote Armee ein einziger Trümmerhaufen war. Ihr werdet nur wenige Spuren der deutschen Vergangenheit finden. Wenn Ihr noch Zeit und Lust habt, etwas von Kolobrzeg zu sehen, dann würde ich mir folgende Sehenswürdigkeiten ansehen: den 1945 erbauten Leuchtturm an der Mündung des Flusses Persante in die Ostsee. Man kann ihn besteigen; die 230 m lange und aus drei Etagen bestehende Kolberger Mole; den Mariendom, der 1945 wie alle evangelischen Kirchen katholisiert wurde; das Denkmal der Vermählung Polens mit dem Meer an der Strandpromenade. Es soll daran erinnern, dass Polen 1945 den Zugang zum Meer wiedergewonnen hat und das Rathaus im neogotischem Stil, es wurde 1830 und ist damit eins der wenigen Zeugnisse aus preußisch-deutscher Zeit.

Für die Polen befindet Ihr Euch jetzt in „Pomorze Zachodni“, d.h. westliches Pommern. Das Land wurde im 30jährigen Krieg und während des napoleonischen Krieges Anfang des 19. Jahrhunderts schwer verwüstet. Daran erinnert bis heute das Kinder- und Wiegenlied: „Schlaf Kindchen schlaf, Dein Vater ist im Krieg, Deine Mutter ist in Pommernland, Pommernland ist abgebrannt!“ (Anmerkung Katharina: Das hat den Kindern damals bestimmt beim Einschlafen geholfen…)

Unser Tag in einem GIF

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